Braunschweigs Ampeln bleiben binär
Das Referat Kommunikation der Stadt Braunschweig gibt stolz bekannt:
Die grünen Signale der Fußverkehrs-Ampel über den Bohlweg vor dem Schloss sind (...) mit Symbolen gleichgeschlechtlicher Paare ausgestattet worden. Die Bellis GmbH montierte acht neue Streuscheiben, die vier weiblich-weibliche und vier männlich-männliche Paare zeigen.
In den einschlägigen sozialen Netzwerken freut man sich: Das, haha, werde die Ewiggestrigen jetzt aber mal so richtig ärgern!
Nun betrachte ich es nicht als die hauptsächliche Aufgabe der Stadtverwaltung, irgendwen zu ärgern. Stattdessen betrachte ich die Meldung sowie die in ihr transportierte Änderung des Straßenbilds zunächst einmal als gut gemeint, zumal sie eine Forderung der Piratenpartei erfüllt. Allein:
[Die Ampelpärchen] sind ein Signal für mehr Toleranz, Offenheit und Akzeptanz von gleichgeschlechtlicher Liebe und stehen für eine bunte, vielfältige und gleichberechtigte Stadtgesellschaft, unabhängig von individueller sexueller Orientierung.
Mittlerweile - und da werden diejenigen, die Kritiker dieser Neuerung "ewiggestrig" schelten, wohl kaum widersprechen können - leben wir aber nicht mehr in einer Zeit, in der nur Homo- und Heterosexualität die unterschiedlichen Spektren menschlicher Beziehungen abbilden. Die Frage, ob sich Angehörige des dritten Geschlechts von den Ampeln abgebildet fühlen, möchte ich an dieser Stelle gar nicht aufwerfen, aber woran erkennt man eigentlich in einer "bunten, vielfältigen und gleichberechtigten" Stadtgesellschaft, ob eine Ampelfigur ein Mann ist oder eine Frau? Am Beinkleid? An der Frisur?
Auch bedauerlich finde ich es, dass die Stadtverwaltung auf die steigende Zahl polyamorer Beziehungen in Braunschweig keine Rücksicht nimmt. Zweierbeziehungen sind nicht jedermanns bevorzugte Art der Romanze.
Letztendlich wurde also so aus dem generischen Maskulinum der Ampelwelt, den einfachen Ampelmännchen, eine willkürliche Auswahl zweier verschiedener Familienmodelle - während alle anderen von "nicht explizit betont" auf "aktiv ausgeblendet" herabgestuft werden. Um eine bunte Stadt zu verwirklichen, reichen zwei Eimer Farbe eben nicht. Gute Arbeit, Referat Kommunikation der Stadt Braunschweig, aber...
Was spricht eigentlich dagegen, um die weltoffene Botschaft der Ampeln beizubehalten, auch polyamore Liebesgemeinschaften auf Fußgängerampeln abzubilden? Die dürfen dann auch gern tragen, was sie wollen.
Änderungshinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hatte ich den Vorschlag unterbreitet, statt der Figuren lieber geometrische Formen oder andere Piktogramme abzubilden. Das war zu kurz gedacht, ich habe den Vorschlag darum ersatzlos gestrichen.
Schlagwörter: braunschweig, wahlprogramm, ampeln, gender, familienbilder