Stadtπrat

Es ist alles ganz furchtbar.

Tratschtanten (isoliert).

02. November 2021 — Stadtπrat

Kommunalpolitik in Braunschweig scheint wie folgt zu funktionieren: Man stellt als Einwohner des Westlichen Ringgebiets einen Mitgliedsantrag in der FDP und wenige Tage später diskutiert der Unterbezirksverband der SPD darüber. Das finde ich zwar brillant, weil unglaublich witzig, habe aber gleichzeitig moralische Bedenken, was die Weitergabe personenbezogener Daten betrifft. Ich bin doch kein Fernsehapparat.

Moralische Bedenken werden mir momentan auch hinsichtlich meiner Gruppenbildung angetragen; die gewählte Verpartnerung sei nicht angemessen, lassen Parteien verlauten, die zuvor ihr Bestes getan haben, mich im Stadtrat politisch zu isolieren. Ich habe nach Bekanntwerden der Ratsbesetzung mein Möglichstes getan, vernünftige Optionen wahrzunehmen; ein Bündnis mit Volt kam jedoch nicht zustande, weil pünktlich am Wahltag kräftig Stimmung gegen meine Person gemacht wurde, woraufhin Volt schließlich - besorgt um ihren Ruf - eingeknickt ist und dann doch lieber nichts mit mir machen wollte. (Dass Volt stattdessen künftig mit der PARTEI zusammenarbeitet, die im Wahlkampf zahlreiche gegen Volt gerichtete Plakate aufgehängt hatte, amüsiert mich insofern immens. Lieber der beliebte Feind als der unbeliebte Freund. Das wird sicher sehr gut funktionieren.) Die erwähnte Mitgliedschaft in einer mir - und wohl vielen anderen - politisch durchaus willkommenen Partei, quasi Plan B, kam bislang ebenfalls nicht zustande.

Man hat mich also im Rat zu isolieren versucht, mir keine vernünftige Option gelassen und versucht mir jetzt vorzuwerfen, dass mir nur eine unvernünftige Option geblieben ist. Sicher - das kann man schon so machen. Das ist dann halt scheiße.

Ich möchte dazu vielleicht, um später darauf verweisen zu können, an dieser Stelle ein paar Hintergründe erläutern.

Die sicherlich ungewöhnliche Konstellation "die Mandatsträgerin der Basis und der Mandatsträger der Piratenpartei" ist eine Lösung, aus der Not heraus geboren: Ratsarbeit ist für hauptsächlich berufstätige Menschen allein nicht zu stemmen, ein Büro mit externer Hilfe ist unabdingbar. Einig sind sich die Mandatsträger darin, dass die AfD ebenso ein unschöner Partner ist wie diejenigen Vertreter der "Basis" und anderer Parteien, die von Wissenschaft und einer offenen, bunten Gesellschaft nichts halten. Die Zusammenarbeit erfolgt insofern unter gemeinsamer Ablehnung von "Coronaleugnern", Rassismus und Extremismus, festgehalten ist das in der gemeinsamen Geschäftsordnung, die die verbindliche Arbeitsgrundlage für die Gruppe darstellt.

Ich erlaube mir einen Auszug aus deren Präambel zu zitieren:

Die Gruppe (...) lehnt politischen Radikalismus, Rassismus und Wissenschaftsfeindlichkeit (...) entschieden ab. In einer Zeit des erstarkenden Extremismus von rechts in Braunschweig hat die politische Arbeit der Gruppe insbesondere die Schaffung und Stärkung einer gewaltfreien und demokratischen Stadt zum Ziel. Die Gruppe setzt sich ein für ein offenes und gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen (...) und eine tatsächliche Gleichberechtigung in sämtlichen Lebensbereichen.

Im Übrigen gilt § 6 (2) dieser Geschäftsordnung:

Die Gruppe achtet das persönliche Gewissen. Bei unterschiedlichen Auffassungen gilt das freie Mandat.

Mir wird, während ich diese Einlassung verfasse, zugetragen, man sei aufgrund dieser Gruppenbildung der Ansicht, ich sei daher jetzt nachgewiesen politisch rechts zu finden. (Hoffentlich spricht sich das in den linken Verbänden, in denen ich mich betätige, nicht herum.) Selbstverständlich schafft es niemand derer, die ein solches Urteil über meine Person fällen, diese Vermutung mir selbst gegenüber zu äußern. Man könnte ja positiv überrascht werden.

Schlagwörter: stadtrat, piratenpartei, die-basis, fdp, spd, volt, die-partei

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