Einschätzungen
Noch ein Nachtrag, da ich in der Sitzungspause ja außer mir selbst kaum spannende Themen vorzuweisen habe: Es könnte dem Austausch unter Ratskollegen durchaus von Nutzen sein, wenn die Linke, die findet, ich sei ja schon immer rechts gewesen, und die CDU, die mir laut Presseanfragen (unter anderem) vorwirft, ich hätte zu wenig Berührungsängste mit dem Kommunismus, mal hinter der Turnhalle ausfechten, was jetzt gerade das korrekte Narrativ ist, meine Person betreffend.
Schon, weil ich neue Visitenkarten brauche.
Schlagwörter: persönliches, die-linke, cdu
Vorlage 24-23118-02 und Schrödingers Nazipopulismus
Eine Frage sei - noch bevor das heutige Sitzungsprotokoll in Bild und Ton veröffentlicht ist - gestattet: Was sagt es eigentlich über wen aus, wenn all diejenigen Fraktionen, deren Minister (Ampel) und -präsidenten (von Linke bis CSU) sich, nicht zuletzt in der Bund-Länder-Konferenz, mit Mehrheit für die Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte für Geflüchtete eingesetzt haben, den nur auf Braunschweig bezogenen Antrag der CDU-Fraktion, diese Einführung bald in die Wege zu leiten, in der heutigen Ratssitzung als Rechtspopulismus bezeichnen und - im Falle der traditionell geschichtsvergessenen Grünen - gar einen NSDAP-Vergleich ziehen?
Schlagwörter: stadtrat, cdu, die-grünen
Make Ehrenamt ehre again
Manchmal stelle ich mir vor, wie harmonisch und konstruktiv die Zusammenarbeit in so einem Stadtrat funktionierte, wären nicht mit jedem neuen Sitz auch immer mehr Geld und mehr Macht verbunden. Wäre es nicht großartig, würde jeder Gewählte sich einzig dem Wettkampf um die beste Idee widmen, statt in guter alter Affenkäfigmanier die Wettbewerber mit möglichst großen Kothaufen zu bewerfen?
Warum ich ausgerechnet das gemacht habe, fragen die Menschen, und ob die CDU nicht für ausgerechnet mich ein sehr bemerkenswerter Partner sei. Doch, ist sie, doch habe ich als Mandatsträger einen Wählerwillen zu erfüllen. Da kann ich nicht sagen: nee, kriegt ihr nicht, weil ich die anderen Parteien nicht mag. Da kann ich nur sagen: klar, kriegt ihr, dafür schlucke ich eine Kröte, aber die Kröte hat wenigstens hinreichend viel Gewicht, dass ich eine geringe Chance habe, das zu erreichen, was ihr euch vorstellt.
Ich bin mit dem Wahlprogramm im Rat, nicht mit dem Parteibuch. Ich verstehe, dass strammen Parteisoldaten sich dieses Konzept nicht erschließt. Ich will es wenigstens versucht haben.
Schlagwörter: stadtrat, cdu, persönliches
Die CDU versteht das freie Mandat nicht, der Oberbürgermeister ist noch skeptisch.
„Der arbeitet mit der ‚Basis‘ zusammen, der ist doof!“ war gestern, heute ist „Der arbeitet nicht mit der ‚Basis‘ zusammen, der ist doof!“.
So lese ich eine Anfrage der CDU-Fraktion sowie die Antwort des Oberbürgermeisters (SPD), die völlig richtig erkannt haben, dass ich - wie angekündigt - eben nicht an der Unsitte eines Fraktionszwangs teilnehme und meine Zusammenarbeit mit meiner Gruppenkollegin sich scheinbar im Wesentlichen darin erschöpft, dass wir dieselbe Büroadresse im Rathaus haben.
Die Annahme, wir würden völlig unabhängig voneinander agieren, ist aber natürlich Quatsch. Wir stehen in ständigem Kontakt miteinander und unser (sehr guter) Angestellter leistet eine bemerkenswert gute Arbeit, was die Koordination unserer Anträge und Anfragen mit aktuellen Ratsentwicklungen betrifft. Ich finde es zumindest befremdlich, dass es Akteure zu geben scheint, die eine Ratsgruppe für ein homogenes Kollektiv zu halten scheinen, zumal, wenn diese - wie die meine - aus Mandatsträgern zusammengesetzt ist, deren wesentliches Anliegen die Bürgerbeteiligung und eben nicht die Parteiraison ist.
Aus diesem amüsanten Zwischenfall, dessen noch anstehender Ausgang mich schon jetzt begeistert, könnte man manches über die Struktur des Stadtrats lernen; und zumindest einen lästigen Vorwurf damit ad acta legen: Von offizieller Stelle wurde bestätigt, dass ich offenbar nicht unter Aufgabe meiner Wahlversprechen mit der „Basis“ zusammenarbeite, sondern in den Rat gewählt worden bin, um das Programm der Piratenpartei umzusetzen, und diesem Anliegen konsequent nachgehe. Gefordert, schrieb der Oberbürgermeister, sei allerdings mindestens, dass „übereinstimmende politische Grundvorstellungen“ bestehen (das ist der Fall: wie schon der Name der Gruppe sagt, ist unsere Maxime der Bürgerwille) und auf deren Grundlage eine dauerhafte Zusammenarbeit angestrebt wird. Das ist der Fall.
Und nächstes Mal, CDU-Ratsfraktion, fragt ihr einfach uns selbst, ja? ;-)
Schlagwörter: cdu, spd, die-basis, piratenpartei, stadtrat, verwaltung, ratsarbeit