Die Definition von Wahnsinn
"Wahnsinn", schrieb man im Grundlagentext der Narcotics Anonymous (später unter anderem Albert Einstein und Mark Twain zugeschrieben) Ende 1981, sei es, dieselben Fehler zu wiederholen, aber andere Ergebnisse zu erwarten.
Im Januar 2022 ärgerte ich mich darüber, dass die Stadt Braunschweig es für dem Miteinander dienlich hält, auf Ampeln Duos im Kleid abzubilden. Ich schrieb hierzu:
Um eine bunte Stadt zu verwirklichen, reichen zwei Eimer Farbe eben nicht.
Mit der Vorlage 23-21956, womöglich demnächst öffentlich, zeigt die BIBS, dass sie zumindest mein Blog nicht liest. Sich auf eine Verlautbarung des verlautbarungsreichen Oberbürgermeisters Dr. Kornblum berufend, der anlässlich eines schwulenfeindlichen ("queerfeindlichen") Angriffs im Rahmen des diesjährigen CSDs nochmals das Motto "Bunt gegen Gewalt" hervorgekramt hatte, missverstehen die Antragsteller nämlich die Metapher und halten Farbe für ein Mittel der Toleranzförderung:
Die Stadt Braunschweig wird gebeten, zu prüfen, wo die Installation eines oder mehrerer bunter Zebrastreifen in der Braunschweiger Innenstadt möglich ist, ohne verkehrsrechtliche Belange zu verletzen.
Ampelpärchen haben's nicht gebracht. Machen wir halt Straßen bunt. Zwei Fragen werden zu stellen sein:
- Wie viele queerfeindliche Angriffe wurden infolge der Installation neuer Ampelschablonen unterlassen?
- Mit welchem Rückgang an queerfeindlichen Übergriffen rechnen die Antragsteller pro buntem Zebrastreifen?
Mit Symbolpolitik ist noch niemandem geholfen worden, der kein Parteisoldat werden wollte. Aber das ist jetzt natürlich nur meine eigene Meinung.
Schlagwörter: braunschweig, bibs, verkehr
Kein Gottesstaat (außer, wenn doch) mit der BIBS?
Die BIBS schlägt übermorgen dem Rat vor:
[D]ie konfessionellen Schulen haben die gleichen Bildungs- und Erziehungsziele wie vergleichbare staatliche Schulen. D.h. sie dürfen nicht weniger Wissen vermitteln, als jede andere Grundschule der Stadt. Darüber hinaus besitzen sie jedoch einen Mehrwert gegenüber gängigen Grundschulen, da sie zu bestimmten Themen eben mehr Wissen vermitteln.
Nämlich:
die Vermittlung von christlichen Werten und dem Bekenntnis
Obwohl ich es sehr begrüße, dem CDU-Antrag, religiöse Schulen nicht weiter anzurühren, etwas entgegenzuhalten (der verlinkte Antrag bittet diesbezüglich aber nur schwach um Aufschub der Schließung), sehe ich mich außerstande, dem Antrag zuzustimmen. Während "christliche Werte" (ich vermute, gemeint ist nicht das Töten von Homosexuellen, wie es etwa Römer 1,27 für richtig hält) ohnehin weitgehend Konsens in nichtreligiösen Schulen sind, habe ich mit der Empfehlung, auch weiterhin sei eine Schule ein geeigneter Ort dafür, Schülern ein "Bekenntnis" als wesentlichen Lebensinhalt zu präsentieren, zumindest ein Problem, und dieses Problem trägt seine Wurzeln in der Säkularisierung, die eine wichtige Errungenschaft des 20. Jahrhunderts war und bleiben muss.
Es ist mit "nicht mehr zeitgemäß" nur unzureichend beschrieben, dass es überhaupt noch Bekenntnisschulen in Braunschweig gibt. Religion muss Privatsache werden und bleiben; auch und gerade in einer Stadt, in der "christliche Werte" (d.h. der Glaube an ein bestimmtes willkürlich zugeteiltes höheres Wesen) bereits im Kindergarten für richtig befunden werden.
Es gibt da draußen so viele schöne Religionen. Ihnen zu folgen (oder eben nicht) kann nur eine Aufgabe mündiger Menschen sein. Wenig ist falscher als von den Eltern bereits kurz nach der Geburt den vermeintlich korrekten Gott zugewiesen zu bekommen. Wenn der Rat der Argumentation der BIBS folgt, setzt das meiner Meinung nach das falsche Zeichen. Man wird sehen.
Keine Haushaltsopposition.
In einem so langweiligen Verfahren, dass selbst die Braunschweiger Zeitung schon heute früh den Ausgang kannte ("eine Mehrheit ist bereits sicher"), hat der Stadtrat heute Nachmittag dem Haushalt 2022 zugestimmt. Bemerkenswert war abermals das Abstimmverhalten, denn die durchregierende Koalition aus SPD und den Grünen hätte zum Durchbekommen ihrer Vorschläge auch diesmal keine weiteren Stimmen benötigt; die BIBS kündigte dennoch an, ebenfalls zuzustimmen, denn einige ihrer Anträge waren zuvor angenommen worden.
Das gilt auch für die Linke, die dennoch unisono mit der weiteren Opposition ablehnte. In den Haushaltsreden - die unsere war kurz, denn letztendlich haben wir nicht nur bisher zu wenige Haushaltsanträge gestellt, sondern uns fehlte der entscheidende Faktor der Bürgerbefragung; es darf nicht darum gehen, was wir gern bezahlen wollen, sondern es muss darum gehen, was die Bürger gern bezahlen wollen - wies die Linke, die mir bisher vor allem dadurch aufgefallen ist, dass sie Anträge der falschen Parteien grundsätzlich ablehnt, darauf hin, dass ihr aufgefallen sei, dass SPD und Grüne Anträge der falschen Parteien grundsätzlich ablehnten. Ein Schelm, wer usw. usf.
Warum die Opposition nicht geschlossen aus dem Stadtrat austritt, ist mir allerdings mitunter ein Rätsel, denn ob sie nun teilnimmt oder nicht teilnimmt, ist für die Politik in der Stadt Braunschweig offensichtlich unerheblich. Schade eigentlich.
Schlagwörter: stadtrat, spd, die-grünen, die-linke, bibs, haushalt
ÖPNV: Ist fahrscheinlos zu teuer?
Ich mag es ja, wenn andere Leute meine Politik machen. Das spart viel Zeit und Überzeugungsarbeit. Insofern bin ich der BIBS dankbar, dass sie folgende Forderung aus meinem Wahlprogramm einzubringen versucht hat (Antrag Nr. FWE 39):
In Braunschweig wird der Nulltarif im ÖPNV eingeführt. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Plan zur Umsetzung vorzulegen. Die Umsetzung muss in Anbetracht der Klimaproblematik zeitnah erfolgen.
Die Verwaltung zeigte sich in einer Stellungnahme vom 13. Januar 2022 nur mäßig begeistert:
Eine kurzfristige Fahrgaststeigerung kann die BSVG mit den bestehenden Kapazitäten nicht auffangen. Der Vorlauf für die Planung und Umsetzung von Leistungsausweitungen (dichtere Takte) bedarf einiger Jahre. (...) Die Verwaltung weist auch darauf hin, dass Versuchprojekte mit kostenfreiem ÖPNV in anderen Städten nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben.
Indes:
Diskussionen über Tarifstrukturen und Tarifangebote sollten auf Ebene des Regionalverbands initiiert und geführt werden, weil über diesen eine direkte Einflussnahme auf die Entscheidungen der VRB (...) möglich sind.
Da ich natürlich kein Mitglied des Regionalverbands bin, ist das scheinbar jetzt eine Sackgasse. Da hilft nur - Mist! - doch noch etwas Überzeugungsarbeit. Mal sehen, wie gut das klappt.
Schlagwörter: wahlprogramm, verwaltung, öpnv, bibs