Bloß nicht auffallen.
Robert Glogowski, von den Mitgliedern der Grünenfraktion derjenige Politiker, dessen Standhaftigkeit und Integrität ich am meisten bewundere, wurde aus der Fraktion geworfen (lesbar mit Abonnement oder Browsererweiterung), erfuhr ich zu spät, um das persönlich zu eruieren. Damit sind die Grünen nur mehr die drittgrößte Fraktion und die Beihilfe zur In-die-Pfanne-Hauung der BIBS-Wähler per Übertritt hat ihnen überhaupt nichts genützt. Tja.
Die vom Geschassten gemutmaßte Begründung ist vielsagend:
Er spricht von „Flügelkämpfen“ in der Ratsfraktion der Grünen in Braunschweig, bezeichnet sich selbst als „Realo“ – und diese hätten es momentan schwer in der Fraktion. Glogowski glaubt, der wahre Grund für seinen Rauswurf sei, dass er interne Strukturen kritisiert habe, die seiner Auffassung nach „gegen jede Compliance“ verstoßen würden.
Das erinnert frappierend an das Verhalten der Piratenpartei zu Beginn meiner Mandatszeit. Es soll ja nicht so aussehen, dass Parteien sich wenigstens nach innen irgendwie voneinander unterscheiden. Und auch das Verhalten der Grünen ihm gegenüber ist nicht allzu deutlich von dem Verhalten der Grünen mir gegenüber zu unterscheiden:
Belegt wurden die Vorwürfe nicht“, sagt er.
Kommunalpolitik wirkt, von außen betrachtet, so belanglos und alltäglich; aber je näher man rangeht, desto kafkaesquer erscheint das Gebaren derer, die sie gestalten wollen.
Loriots Beobachtungen der Gesellschaft waren nicht als Anleitung gedacht.
Schlagwörter: stadtrat, die-grünen, presse
Quod licet Iovi: Wie die Wähler der BIBS um ihre Stimme betrogen werden
Mich amüsiert auf wenigstens eine Art, dass ich kräftig Prügel beziehen musste, als ich mich zugunsten der Mitgestaltungsmöglichkeiten einer Gruppe angeschlossen hatte, die die Partei, die mich auf ihre Liste gesetzt hatte, so nicht ausdrücklich haben wollte, wenn jedoch eine Mandatsträgerin der BIBS ihre Fraktion mittels Übertritts zu den Grünen auf Gruppengröße und damit faktisch aus der Mitbestimmung rausschrumpft, alle beteiligten Seiten zufrieden scheinen und sich mit gegenseitig sympathisierenden Pressemitteilungen auf die Zukunft freuen.
Man darf gespannt sein, was die Wähler der Mandatsträgerin dazu zu sagen haben. Dem angestrebten Rückgang der Wahlverdrossenheit wird es vermutlich eher nicht von Nutzen sein.
Schlagwörter: stadtrat, bibs, die-grünen, presse
Süßer die Glocken nie klangen
Zu Weihnachten - der Weihnachtsmarkt der Stadt Braunschweig wird absehbar wie gewohnt stattfinden - wollen wir euch ein ruhiges Fest, geschonte Nerven und eine etwas vollere Stadtkasse schenken. "regionalheute" berichtet:
Es solle demnach erörtert werden, ob die Möglichkeit besteht, Musikveranstaltungen auf dem Weihnachtsmarkt ausschließlich mit gemeinfreien Werken zu gestalten. (...) So würde es auch geräuschsensible Menschen geben, die am liebsten überhaupt keine Musik auf dem Weihnachtsmarkt hören wollen. Hier fragen die Direkten Demokraten, ob nicht auch ein Tag für einen "Stillen Weihnachtsmarkt" genutzt werden könne, der besonders diesen Wunsch berücksichtig[t|.
Möge die Stadtverwaltung hierin eine gute Idee erkennen. Ein frohes Fest bedarf manchmal ständiger Innovation.
Schlagwörter: ratsarbeit, inklusion, presse, braunschweig
Eine Werbemillion (2): Lichtverschmutzung gegen "Rechts".
"regionalHeute" berichtet:
Die Gruppe „Direkte Demokraten" im Rat der Stadt Braunschweig wünscht sich eine werbefreie Innenstadt. Dies gelte insbesondere für die nachts leuchtenden, digitalen Werbeanlagen. Diese belasteten nicht nur die Umwelt, sondern verbrauchten auch unnötig Strom. In einer Antwort auf eine Anfrage der Gruppe, hält die Stadt allerdings wenig von einem Abbau der Anlagen.
Einen Antrag daraus zu machen werden wir vermutlich so schnell nicht mehr versuchen. Rot-Grün lehnt ab, was nicht von Rot-Grün beantragt worden ist, und Umweltschutz und Rückbau der städtischen Verscherbelung durch OB a.D. Hoffmann sind mit den traditionell neoliberalen Parteien nicht zu machen.
Es ist ja nicht mal so, dass wir Unrecht hätten:
Hier bestätigt die Stadt Braunschweig nach Rücksprache beim Partner Ströer/DSM, dass man für das Jahr 2021 für die 25 in Braunschweig betriebenen digitalen Werbeträger von einem jährlichen Verbrauch von 418.874 Kilowattstunden ausgehe. Das entspreche laut der Gruppe „Direkte Demokraten" ungefähr dem Verbrauch von 180 Single-Haushalten.
Ein Jammer, dass die Braunschweig Stadtmarketing GmbH - ich warte ja noch darauf, dass sie in eine AG überführt wird - eine attraktive Stadt mit einer Stadt verwechselt, die vor allem als riesige Litfasssäule nutzbar ist. Ihr wollt Aufenthaltsqualität? Hier, guckt diese schöne Reklame an. Ja, wir hätten ja was dagegen tun können, aber dann hätten wir den "Direkten Demokraten" zustimmen müssen und das wäre ja nicht im Sinne der parlamentarischen Demokratie. Wir verstehen nicht, wie sie funktionieren. Sie müssen klar rechts sein.
2026 wird darüber noch zu reden sein.
Schlagwörter: stadtrat, ratsarbeit, braunschweig, werbetafeln, presse, ströer
Sprühnebel für alle
Die "Braunschweiger Zeitung" berichtet über eine unserer Anfragen:
Die Tiefbau-Verwaltung plant eine Sprühnebel-Anlage nach Vorbild der österreichischen Stadt Graz. Wasser-Nebel soll die Luft abkühlen. Es gibt sogar bereits einen Standort, wo Braunschweigs erste Sprühnebel-Anlage errichtet werden soll. (...) Warum folgt Braunschweig nicht dem Grazer Vorbild, wollten nun die Direkten Demokraten im Planungsausschuss wissen. Die Tiefbau-Verwaltung hat geprüft und kam zum Ergebni [sic!]: Die Hilfe gegen die Hitze beim Braunschweig-Wetter ist wahrscheinlich machbar.
Es ist erst Ende Juni und ich kann es schon schier nicht mehr erwarten. Wie unangenehm!
Keine Amsterdamer Verhältnisse in der Bruchstraße.
Wir (korrekt in der Presse zusammengefasst):
Jetzt konfrontierte die Ratsgruppe Direkte Demokraten die Verwaltung erneut mit einer entsprechenden Anfrage: Ist die einseitige Absperrung der Bruchstraße durch ein eisernes Tor weiterhin zeitgemäß?
Das Vorhalten von Toren würden allerdings keiner gesetzlichen Notwendigkeit unterliegen. Ihre Errichtung sei ebenso wie ihre Entfernung dem gesellschaftspolitischen Wandel unterworfen. Die Verwaltung sieht bislang aber keine Notwendigkeit, ihre Entfernung vorzuschlagen.
Diese Notwendigkeit wäre vermutlich nur mit einem entsprechenden Ratsbeschluss gegeben - und angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat sowie der grundlegenden politischen Haltung der führenden Parteien wird dieser vor der nächsten Kommunalwahl absehbar nicht erfolgen.
Nun gut, wir haben es versucht.
Schlagwörter: braunschweig, ratsarbeit, presse
Bedürftige für noch Bedürftigere
Die Initiative "Löwenzahn" finde ich ja ausgesprochen gut, aber über die Meldung, dass Friseure (nicht unbedingt für ihren Reichtum bekannt) noch Bedürftigere kostenlos frisiert haben, musste ich doch eine Weile lang nachdenken.
Schlagwörter: braunschweig, armut, presse
Piratiges: Kapitulation in Klammern.
Zu den merkwürdigsten Presseanfragen, die ich seit der verhängnisvollen Kommunalwahl erhielt, gehörte eine Mitteilung unseres Büromitarbeiters vor ein paar Tagen: es habe nämlich eine mir bekannte Redakteurin der Braunschweiger Zeitung, welche zu lesen ich nur allzu selten Lust und vor allem Zeit habe (ich wusste daher zunächst gar nicht, was er meinte), gefragt, wie sie unsere Gruppe, also Direkte Demokraten, künftig nennen solle.
Der Hintergrund: Offenbar ist es in der Braunschweiger Zeitung Usus, nicht etwa den Namen einer Gruppe kommentarlos zu drucken, sondern sie einzuordnen; so stand bis vor kurzem statt "Direkte Demokraten" stets ungefähr "Direkte Demokraten (die Basis, Piraten)" in den Artikeln. Darum hatten wir nie gebeten, da ich schon zu Beginn der Ratsperiode nicht mehr Mitglied der Piratenpartei, sondern vielmehr Freibeuter (so nennt die Piratenpartei seit vielen Jahren Piraten ohne Mitgliedschaft) war und wir unsere gemeinsame Aufgabe eben nicht darin sehen, für eine Partei zu sprechen, sondern für unsere Wähler, mithin: die Einwohner der Stadt. So gesehen müsste es eigentlich "Direkte Demokraten (für die Braunschweiger)" heißen.
Der Auslöser für die Anfrage scheint es, so weit ich die Vorgänge nachvollziehen kann, zu sein, dass anlässlich des bisher letzten Artikels, in dem auf diese Weise ausgedrückt stand, dass die Piratenpartei im Rat vertreten ist, Mitglieder der Piratenpartei Braunschweig sich bitterlich bei der bereits erwähnten Redakteurin darüber beklagten, dass das ja gar nicht gehe, dass man ihr unterstelle, dass jemand, der auf der Liste der Piratenpartei für die Piratenpartei mit dem Programm der Piratenpartei, das er obendrein nennenswert mitverfasst hat, in den Rat gewählt worden ist, irgendwas mit der Piratenpartei zu tun habe. Eine Gegendarstellung, gleichsam zur Betonung der Absurdität der Situation hinter einer Bezahlschranke stehend, wurde dem Artikel mittlerweile angefügt und die Nennung der Parteinamen ersatzlos gestrichen. Warum nicht gleich so?
Die Frage, warum die Piratenpartei gegen den Willen ihrer Wähler freiwillig ihren gegebenen Einfluss auf die politischen Geschicke der Stadt leugnet, wird 2026, wenn die nächste Kommunalwahl stattfindet, an ihren Infoständen zu stellen sein. So weit es mich betrifft, bin ich mit der bisherigen Bilanz nicht völlig unzufrieden. Eine Auswertung unserer Erfolge wird zu gegebener Zeit stattfinden. Die nächste Ratssitzung wird am 21. März stattfinden, in einigen unserer Redebeiträge (absehbar nicht von mir vorgetragen, wohl aber auch verfasst) wird sich hierzu möglicherweise etwas erkennen lassen. Aufgrund alter Verbundenheit würde ich mir von der Piratenpartei wünschen, sie würde ähnlich verbissen wie gegen ihren Mandatsträger für eine bessere Stadt kämpfen, aber dafür müsste man ja mehr tun als auf Nonsensdemonstrationen ein Fähnlein zu schwenken und die Lokalredaktion der größten Lokalzeitung mit Formalien zu nerven.
Ich bin mit Herzblut dabei, nicht mit dem Parteibuch, und ich habe versprochen, mein Bestes zu geben, um die gemeinsam formulierten politischen Ziele zu erreichen. Das war, ist und bleibt unabhängig von meinen persönlichen Mitgliedschaften in irgendwelchen Parteien und Vereinen, denn im Rat bin ich nicht Privatperson, sondern Sprachrohr derer, die mich dazu ernannt haben. Bisher hielt ich hartnäckig daran fest, dass eigentlich nichts dagegen spricht, insofern von mir als "für die Piraten im Rat" sitzend zu sprechen, aber dieses schleichende Gift auf zu vielen Kanälen - immer über mich, niemals mit mir sprechend - ist wirklich keine Freude. Von der Piratenpartei Braunschweig scheint organisatorisch kaum mehr übrig als eine geschlossene Gesellschaft für Ränkeschmiede, getarnt hinter Fähnchen und Ballonsäbeln, sicherheitshalber mit dem eigens neu geschaffenen Posten des Stammtischtürstehers gesichert. Muss man ja verstehen: Ein grundsätzliches Hinterfragen der Doktrin weniger Wortführer sorgt nur unnötig für Unfrieden.
Der Umgang mit mir und einem ehemaligen Vorstandskollegen, der eines der dienstältesten Parteimitglieder war, aber den Fehler gemacht hatte, sich mit mir zu solidarisieren, woraufhin er von Teilen des amtierenden Vorstands letztlich aus der Partei gemobbt wurde, steht in krassem Gegensatz zu den wohlfeilen Worten, die anlässlich irgendwelcher Pressetermine aus den immer gleichen drei Parteiaktiven salbungsvoll zugunsten der Gewinnung neuer Wähler herausschweben. Es tut mir im Herzen weh zu sehen, was aus diesem wirklich schönen Experiment geworden ist. Wohlgemerkt: Ich werde kein böses Wort über die Menschen hinter der Partei verlieren, bessere Freunde als manchen von ihnen zu finden ist wirklich nicht leicht. Zur Sache aber kann ich gern beitragen: Für diese Partei bin ich nicht im Rat.
Ich bin wegen der Menschen im Rat, mit denen ich jahrelang zusammen für eine bessere Zukunft gekämpft habe, und für die gemeinsam formulierten kommunalen Ziele. Ich vertrete die Wähler dieses Programms, ich vertrete alle, die eine moderne, fortschrittliche, demokratische, menschenfreundlichere Stadt wollen. Wir heißen Direkte Demokraten, nicht "Direkte Demokraten (die Basis, Piraten)", aber ich verwehre mich gegen jeden Versuch, denjenigen, die mir ihre Stimme gegeben haben, die Legitimation abzusprechen. Das ist doch kein Umgang mit Wählerstimmen.
"Die Piraten" sitzen nicht im Rat; aber ihre Wähler tun es und ihr Programm tut es.
Und - geht es euch jetzt besser?
Schlagwörter: stadtrat, piratenpartei, persönliches, presse, braunschweiger-zeitung
Der Mann mit der Maske
Am Rande des gestrigen (sehr gelungenen - meinen Dank an die Veranstalter sowie natürlich das Braunschweiger Staatsorchester) Neujahrskonzerts wurde ich gefragt, ob ich "der Mann mit der Maske" sei, denn auf den Pressefotos im Vorfeld der Wahl trug ich, meine politische Grundhaltung ebenso wie das Recht auf Datenschutz vorwegnehmend, eine Guy-Fawkes-Maske. Ja, sagte ich, der sei ich. Das führte zu Begeisterung, denn anscheinend war meine Identität noch nicht überall bekannt, nicht einmal bei denen, die das - wie auch ich - für eine überzeugende Aktion hielten.
Der so fragende Herr entsprang der städtischen Kunst- und Kulturszene. Es ist gut zu wissen, welche Kreise welche Ebene richtig verstehen.
Schlagwörter: stadtrat, presse, datenschutz, persönliches
Mietspiegel barrierefrei (2)
Zum von mir erreichten barrierefreien Mietspiegel berichtet "regionalHeute" inzwischen:
Der Mietspiegelrechner der Stadt ist um eine Funktion erweitert worden, die die barrierefreie Nutzung ermöglichen soll. Das teilte die Stadt am heutigen Freitag mit.
Es soll ja alles nicht umsonst gewesen sein.
Schlagwörter: stadtrat, ratsarbeit, erreichtes, inklusion, presse
"Themenjahr Fußball findet keine Mehrheit im Rat"
"regionalHeute" berichtet:
2024 jährt sich das erste Fußballspiel auf deutschem Boden zum 150. Mal. Da dieses Ereignis bekanntlich in Braunschweig stattgefunden hat, wollte die Gruppe "Direkte Demokraten" im Rat der Stadt, dass aus diesem Anlass ein Themenjahr auf die Beine gestellt wird. Doch eine Mehrheit dafür kam in der Ratssitzung am Dienstag bei weitem nicht zu Stande.
Wir sind zumindest gespannt, was 2024 passieren wird:
Böttcher betonte aber auch, dass das Jubiläumsjahr sicher in irgendeiner Form begangen werde.
An uns soll es nicht gelegen haben.
Schlagwörter: stadtrat, ratsarbeit, presse
Reden vor Menschen
Heute mal nichts über Inhalte, heute mal ein Schwank aus meiner Jugend Gegenwart.
Ich hielt - wie auch meine Gruppenkollegin, die zu unserem Antrag, das Oben-ohne-Schwimmen in Braunschweigs Bädern auch Frauen zu erlauben, den Wortbeitrag übernahm - heute im Rat meine erste Rede am Rednerpult. Das war eine interessante Erfahrung, hat aber auch gezeigt, dass ich für den Beruf des Politikers eigentlich denkbar ungeeignet wäre. Das hätte ich fast vergessen.
Zwar bin ich ziemlich geübt im Finden der richtigen Worte - in Ausschüssen sprach ich bereits, las aber die über einen Satz hinausgehenden Redebeiträge grundsätzlich ab -, aber das freie Reden vor Menschen hat mir schon in der Schule nicht gefallen. Ich machte heute den Fehler, meinen Einwand gegen den geplanten Online-Mietspiegelrechner (der nicht barrierefrei sein wird) frei vorzutragen, verlor aber mitten im Satz den roten Faden; und ab diesem Zeitpunkt hätte ich das Reden auch einfach lassen können. Entsprechend unwohl habe ich mich auf dem Weg zurück zum Platz (und noch danach) gefühlt. Anxiety, eins der schöneren englischen Wörter, nimmt sich einfach zu viel Raum.
Es ist schon etwas anderes, ob ich hier im Blog mal ins Schwimmen gerate, denn die Revisionen meiner Texte vor dem Speichern fallen kaum auf, oder ob dabei eine größere zweistellige Zahl von Menschen, die ich überwiegend gerade mal namentlich kenne, aufmerksam zuschaut und vor allem zuhört; Pressevertreter natürlich mitgemeint. Das ist Politik, auch auf kommunaler Ebene immer noch ein Nest derer, die auf den kleinsten Fehler warten. Das finde ich selbst beknackt.
Meine schriftlich formulierten und dann langweilig abgelesenen Texte stören mich weniger, denn ich muss nicht auf die Welt um mich herum achten, sondern kann mich an meinen Notizen festhalten und mich voll auf diese konzentrieren. Ich bewundere Menschen, die im Rat lange, eloquent vorgetragene Wortbeiträge halten können, ohne dabei auch nur auf eine Karteikarte zu schielen. Das meine ich ohne jeden Anflug von Ironie.
Zu den Vorteilen der unpopulären Ratsgruppe, deren Mitglied ich notwendigerweise bin, gehört gegenüber dem Einzelkämpfertum die denkbare Aufgabenteilung. Einer von uns hat weniger große Probleme damit, nervös zu sein, ohne nervös zu wirken. Nicht immer ist der, der etwas sagt, auch der, aus dessen Feder es stammt, und auch, wenn ich im Rat selten überhaupt von mir hören lasse, bin ich mit der darin steckenden Arbeit befasst. Ich mache das nicht als Bühne für meine Person, davon habe ich nichts. Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt. Ich stehe nicht gern unter Beobachtung. Um frei reden zu können zu lernen, muss man aber zuerst mal frei reden. Vielleicht ist die Kommunalpolitik doch eine ganz gute Therapiestation.
Was ich damit jedenfalls sagen wollte: Auch in den nächsten paar Jahren wird man im Ratssaal nicht jedes Mal lange Vorträge von mir zu hören bekommen. Das ist in Ordnung, denn die eigentliche Arbeit steckt in Ausschüssen, Arbeitskreisen und manchmal auch in E-Mails, die man mit Ratskollegen austauscht. Und vielleicht wird es ja irgendwann ganz normal für mich sein.
Aber was ist schon normal?
Lärm in Parks
Die Braunschweiger Zeitung wollte wissen:
Die Interessen von Anwohnern und lautstark Feiernden prallen aufeinander. Welche Lösungen haben die Ratsfraktionen?
Unser Vorschlag dazu ist - wie üblich - differenziert (und im verlinkten Artikel zu lesen):
Die Polizei und das Ordnungsamt kontrollieren bei Beschwerden den betreffenden Teil des Parks, Bluetooth-Boxen und weitere lärmende Gerätschaften werden bei Verstoß gegen obige Verordnung konfisziert und am nächsten Tag gegen eine geringe, jugendfreundliche Bearbeitungsgebühr (zirka 5 bis 10 Euro) wieder in der Münzstraße herausgeben. Die Anwohner sind glücklich, die Feiernden haben ein lehrreiches Erlebnis und feiern nächstes Mal dort, wo sie niemanden stören, und die Innenstadt wird durch die Abholung der Schallgeräte belebt. Ein solches Vorgehen spricht sich schnell herum, und nach kurzer Zeit ist das Problem hoffentlich gelöst.
Auch der Konsens der Ratskollegen zeigt erfrischend wenig in Richtung Law and Order. Das ist ein gutes Zeichen - vielleicht.
Schlagwörter: stadtrat, ratsarbeit, erreichtes, presse
Situation.
(CC BY 2.0 Nina Hale)
Schlagwörter: presse
Das hat der Wähler jetzt davon.
Wenig überraschend ist der Vorstand der Piratenpartei Braunschweig nicht einverstanden damit, dass ich im Rahmen der mir gegebenen Möglichkeiten versuche, dem Wählerauftrag gerecht zu werden, weshalb er es für geboten hielt, sich selbst mit einer zumindest als interessant zu verstehenden Verlautbarung in den Fuß zu schießen.
Man respektiere zwar den Wähler, steht darin, aber mich betrachte man nicht mehr als den eigenen Mandatsträger. Stattdessen wolle man "anders" im Rat wirken. Wie das gehen soll, wenn man den eigenen Vertreter im Rat in die Wüste schickt, steht nicht im Text. Das hätte mich, zugegeben, auch wirklich erstaunt.
Der Hintergrund für diese faktische Absage an das freie Mandat und den Wählerwillen (früher hätte die Piratenpartei so einen Text wochenlang hämisch durch die sozialen Medien getrieben, keinesfalls aber selbst geschrieben; tempora mutantur) ist natürlich, dass die Basis - also die gleichnamige Partei - Ansichten vertrete, "die mit unseren Idealen unvereinbar sind". Es ist bemerkenswert, dass nicht aufgeführt ist, welche Ideale damit gemeint sind, denn im Kern sind beide Parteien um dieselbe Forderung herum entstanden: Der Bürger möge der Souverän sein, der Politiker nicht mehr als sein parlamentarischer Arm.
Es war irgendwann einmal Konsens in der Piratenpartei, dass Inhalte wichtiger sein müssen als Parteinahme. Man kann von "der Querdenkerpartei" vieles halten und auch meine Meinung zu ungefähr allem, was sie überregional zu treiben scheint (von fragwürdigen Ansichten zu wissenschaftlichen Erkenntnissen bis hin zur gewaltvollen Missachtung der Pressefreiheit), ist von einer tiefen Abneigung geprägt, aber der Kerninhalt ist genau das, was auch die Plakatkampagne der Piratenpartei Braunschweig - "Stell dir vor, du wirst gefragt" - zum Inhalt hatte.
Wahr ist, dass in der beanstandeten Partei, wie es auch in den jungen Jahren der Piratenpartei der Fall war, zahllose Menschen mit einer doch recht kurzsichtigen und ichbezogenen Vorstellung davon, was die Politik gefälligst zu tun habe, Einlass gefunden haben, angetrieben auch vom kopflosen Handeln der Politik in der während der Parteigründung gerade eskalierenden Coronapandemie. Es gibt eben keine Einlasskontrolle. Wahr ist aber auch, dass ich dieser Gruppe niemals zugestimmt hätte, wäre die neue Kollegin persönlich - und es gilt, wie schon erwähnt, das freie Mandat - eine "Wissenschaftsleugner[in], Antisemit[in] und Rechtsextremist[in]" und somit ein typisches Abziehbild ihrer Partei, wie es der Vorstand der Piratenpartei Braunschweig postuliert. Ich werde ja auch nicht rechter im Alter - ganz im Gegenteil!
Ich weiß nicht, warum vernünftige Menschen in einer blöden Partei sind, es geht mich aber auch nichts an. Ich käme niemals auf die Idee, meine hart ergaunerten Finanzen ausgerechnet so einem Chaosverein zu überweisen, aber das muss ich ja auch nicht. Zur Bewertung einer Person und meiner Sympathien für sie ziehe ich im Übrigen grundsätzlich die Person und nicht andere Leute heran. Ich halte es aber persönlich für menschlich enttäuschend, politisch dumm und inhaltlich ignorant, dass der Vorstand der Piratenpartei Braunschweig seinen gewählten Mandatsträger in eine unappetitliche politische Ecke rückt, indem er suggeriert, dieser suche die politische Nähe zu Rechtsradikalen. Stellt er denn Rechtsradikale zur Wahl auf?
Ich habe es in den letzten Jahren immer wieder betont und ich wiederhole mich ausnahmsweise gern: Mit meinen rechtsaußen stehenden Zeitgenossen habe ich nicht nur politisch nichts gemein, sondern ich könnte gar nicht distanzierter von ihnen sein. Ich will und werde mich und meine inhaltliche Arbeit nicht als Spielball von Menschen mit einem interessanten Verhältnis zu einer friedlichen Gesellschaft missbrauchen lassen.
Mein kommunales Programm ist das Programm der Piratenpartei Braunschweig, das wohl schon qua Präambel keine Spekulation darüber zulässt, ob es nicht doch irgendwie rechts sein könnte; wenig erstaunlich, immerhin habe ich es mitgeschrieben. Wenn die Piratenpartei Braunschweig per Vorstandsbeschluss der Ansicht ist, es sei eine großartige Idee, dem Wähler dieses Programm sowie dessen Vertretung im Rat zu entziehen, dann ist damit keine Bringschuld für mich verbunden. Ich werde mich - egal, in welcher Konstellation - auch weiterhin dafür einsetzen, dass das Programm, für das die Liste der Piratenpartei gewählt ist, in der Politik der Stadt Braunschweig seinen Niederschlag findet.
Ich fand es selten bedauerlicher, dass das Politikerehrenwort mittlerweile unpopulär, weil negativ konnotiert ist. Ich würd's sonst geben.
Schlagwörter: stadtrat, piratenpartei, die-basis, presse, persönliches